Wohngebäudeversicherung prüfen: Wie Eigentümer und WEGs die richtige Versicherungssumme sicherstellen
Die Wohngebäudeversicherung soll im Schadenfall dafür sorgen, dass ein Gebäude vollständig und zum aktuellen Preisniveau wiederaufgebaut werden kann. Damit das funktioniert, muss die Versicherungssumme korrekt berechnet und regelmäßig überprüft werden. Das betrifft nicht nur Wohnungseigentümergemeinschaften, sondern jeden Eigentümer – egal ob Einfamilienhaus oder Mehrfamilienhaus.
In der Praxis wird die Versicherungssumme oft auf Basis des sogenannten Versicherungswerts 1914 ermittelt. Dieser wird mit einem Baupreisindex und dem sogenannten gleitenden Neuwertfaktor an die heutigen Baukosten angepasst. Doch viele Verträge beruhen auf veralteten Werten oder fehlerhaften Angaben – zum Beispiel wegen ungemeldeter Ausbauten, falscher Flächen oder nicht aktualisierter Policen.
In diesem Beitrag erklären wir leicht verständlich, wie die Versicherungssumme zustande kommt, wie Sie selbst mit einer einfachen Formel überprüfen können, ob Ihr Gebäude noch richtig versichert ist – und was Sie tun sollten, wenn die Deckungssumme nicht mehr zum tatsächlichen Wiederaufbauwert passt.
Autor: Dennis Rudowski - 13.07.2025
Wohngebäudeversicherung prüfen – Inhaltsverzeichnis
Inhalt:
- Versicherungssumme, Neubauwert und Unterversicherungsverzicht (UVV) im Überblick
- Berechnungsgrundlage der Versicherungssumme: Versicherungswert 1914
- Wie kommt man vom Wert 1914 zur heutigen Versicherungssumme?
- Gleitender Neuwert und Baupreisindex: Automatische Anpassung an Baukosten
- Versicherungssumme in fünf Schritten selbst prüfen
- Typische Fehlerquellen
- Wann sollte man immer eine Überprüfung der Versicherungssumme vornehmen?
- Fazit
1. Versicherungssumme, Neubauwert und Unterversicherungsverzicht (UVV) im Überblick
Die Versicherungssumme einer Wohngebäudeversicherung sollte stets dem aktuellen Neubauwert des Hauses entsprechen – genauer genommen den Kosten, die heute anfallen würden, um das Gebäude in gleicher Art und Ausstattung wiederherzustellen.
Liegt die Versicherungssumme unter dem tatsächlichen Wiederherstellungswert, spricht man von Unterversicherung. In diesem Fall kann der Versicherer die Entschädigungsleistung anteilig kürzen – selbst bei Teilschäden. Ist die Versicherungssumme hingegen zu hoch angesetzt, zahlen Sie unter Umständen über Jahre hinweg unnötig hohe Beiträge, ohne dass sich dies im Schadenfall auszahlt – denn erstattet wird stets nur der tatsächliche Schaden, nicht die vertraglich vereinbarte Höchstsumme.
Viele Versicherer bieten jedoch heute einen sogenannten Unterversicherungsverzicht (UVV) an. Dieser greift, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind – etwa eine realistische Ermittlung der Versicherungssumme anhand von anerkannten Bewertungsverfahren. Ist ein UVV vereinbart, verzichtet die Versicherung im Schadenfall auf eine Prüfung der Unterversicherung. Selbst wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass das Gebäude unterversichert war, wird der Schaden in voller Höhe (bis zur Versicherungssumme) ersetzt. Das bietet zusätzliche Sicherheit – ersetzt jedoch keine regelmäßig durchgeführte Wertermittlung.
Wichtig ist außerdem: Die Versicherungssumme bezieht sich ausschließlich auf das Gebäude selbst, einschließlich aller fest verbundenen Bestandteile wie Dach, Wände, Installationen oder Leitungen. Grundstückskosten oder der Bodenwert spielen dabei keine Rolle – sie sind nicht Bestandteil der Wohngebäudeversicherung. Ebenso ist die Versicherungssumme nicht mit dem Marktwert oder dem möglichen Verkaufspreis (Verkehrswert) einer Immobilie gleichzusetzen. Marktwert und Neubauwert können deutlich voneinander abweichen: Ein großzügig ausgestattetes Haus in weniger gefragter Lage kann beispielsweise einen Verkehrswert von 300.000 € haben, während die Wiederherstellungskosten bei 400.000 € liegen.
Entscheidend ist also der Betrag, der für den vollständigen Wiederaufbau des Gebäudes erforderlich wäre – und genau dieser Betrag sollte durch die Versicherungssumme gedeckt sein. Anders gesagt: Die Versicherungssumme bildet den versicherten Neubauwert Ihres Gebäudes ab. Sie sollte regelmäßig überprüft und an die tatsächliche Baukostenentwicklung angepasst werden – denn Baupreise und Materialkosten unterliegen mitunter erheblichen Schwankungen.
2. Berechnungsgrundlage der Versicherungssumme: Versicherungswert 1914
Um eine einheitliche und vergleichbare Berechnungsgrundlage für alle Gebäude zu schaffen, arbeiten deutsche Wohngebäudeversicherungen mit dem sogenannten Wert 1914 (auch „Gebäudeversicherungswert 1914“ genannt). Dabei handelt es sich um einen fiktiven Rechenwert, der angibt, was der Neubau Ihres Hauses im Jahr 1914 gekostet hätte – unabhängig von heutigen Marktverhältnissen.
Warum gerade 1914? Dieses Jahr gilt als das letzte Jahr mit stabilen Baupreisen in Deutschland sowie einer goldgedeckten Währung. Es bietet somit ein konstantes und inflationsfreies Basisjahr, das als verlässliche Bezugsgröße dient. Der Wert Ihres Gebäudes wird dabei gedanklich in die Baukostenverhältnisse von 1914 zurückversetzt und in Goldmark angegeben.
Dieser Wert bildet die Grundlage für die Berechnung sowohl der heutigen Versicherungssumme als auch der jährlichen Versicherungsprämie. Er wird in der Regel beim Vertragsabschluss ermittelt – auf Basis von Angaben wie Baujahr, Haustyp, Wohnfläche, Bauweise und Ausstattungsstandard. Der ermittelte Wert 1914 wird anschließend in den Versicherungsunterlagen festgehalten und ändert sich im weiteren Verlauf nicht mehr. Künftige Entwicklungen wie steigende Baupreise oder Materialkosten werden nicht über eine neue Wertermittlung, sondern über einen Index berücksichtigt.
3. Wie kommt man vom Wert 1914 zur heutigen Versicherungssumme?
Um aus dem Wert 1914 den aktuellen Neubauwert und damit die nötige Versicherungssumme zu berechnen, nutzt man den Baupreisindex. Die Formel ist einfach:
Aktueller Neubauwert (Versicherungssumme) = Wert 1914 × aktueller Baupreisindex ÷ 100
Der Baupreisindex ist ein jährlich veröffentlichter Index, der die Entwicklung der Baukosten im Vergleich zu einem Basiswert angibt. Multipliziert man den Wert 1914 mit dem aktuellen Indexstand und teilt durch 100, erhält man den Neubauwert des Gebäudes im entsprechenden Jahr.
Beispielrechnung: Angenommen, der Wert 1914 Ihres Gebäudes beträgt 25.000 Mark (ein Wert, der auf Ihrem Versicherungsdokument stehen könnte). Für das Jahr 2025 hat das Statistische Bundesamt einen Baupreisindex von 2.192,4 ermittelt. Daraus ergibt sich:
Aktueller Neubauwert = 25.000 × 2.192,4 / 100 = 548.100 €.
In diesem Beispiel müsste die Versicherungssumme also etwa 548.000 € betragen, um dem aktuellen Neubauwert zu entsprechen. Genau diesen Betrag sollte Ihre Wohngebäudeversicherung abdecken, damit Sie im Totalschadenfall Ihr Gebäude vollständig neu errichten können.
Hinweis: Der Wert 1914 dient ausschließlich der Versicherung. Er lässt keine Rückschlüsse auf den Verkaufspreis einer Immobilie oder steuerliche Werte zu. Er ist ein rein fiktiver Rechenwert zur Ermittlung der Versicherungssumme. Verwechseln Sie ihn auch nicht mit dem früher üblichen Einheitswert oder anderen Bewertungszahlen.
4. Gleitender Neuwert und Baupreisindex: Automatische Anpassung an Baukosten
Baupreise und Löhne im Baugewerbe verändern sich ständig. Was heute 500.000 € an Neubaukosten erfordert, konnte vor einigen Jahren vielleicht für deutlich weniger gebaut werden. Hier kommt der gleitende Neuwert ins Spiel. Eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert bedeutet, dass die Versicherungssumme jedes Jahr automatisch an die Baukostenentwicklung angepasst wird. Ihr Versicherer erhöht (oder senkt theoretisch) die Versicherungssumme regelmäßig gemäß dem Baupreisindex, sodass immer der aktuelle Neubauwert des Hauses versichert ist. Damit soll vermieden werden, dass durch die Wertsteigerung im Laufe der Zeit eine Unterversicherung entsteht.
Warum ist das so wichtig?
Stellen Sie sich vor, Ihre WEG hätte 2015 eine feste Versicherungssumme von 327.575 € für das Gebäude vereinbart (weil das den Baukosten damals entsprach). Bis 2024 stiegen die Baupreise jedoch stark an. Der Neubau desselben Hauses würde inzwischen rund 533.625 € kosten. Hätte man die Summe nie angepasst, fehlten im Ernstfall über 200.000 €. Genau das verhindert die gleitende Neuwertversicherung: Die Versicherungssumme wird jährlich angepasst, hier auf etwa 533.000 € in 2024, sodass auch Jahre nach dem Bau noch der komplette Neubau finanziert werden könnte. Unterversicherung durch Inflation oder gestiegene Baukosten wird so vermieden.
Wie funktioniert die Anpassung genau?
Der Baupreisindex wird vom Statistischen Bundesamt ermittelt und regelmäßig veröffentlicht. Er spiegelt die Preisentwicklung für Bauleistungen wider und basiert auf rund 200 verschiedenen Faktoren (Materialkosten, Lohnkosten, etc.). Der Index wird in Prozent angegeben und ein Basisjahr (traditionell 1914 oder heute oft 2010 = 100) dient als Bezug. Steigt der Index, erhöht sich die Versicherungssumme entsprechend. Zusätzlich fließt in der Versicherungsprämie oft ein sogenannter gleitender Neuwertfaktor ein. Dieser wird vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ermittelt und beinhaltet zu 80 % den Baupreisindex und zu 20 % einen Baulohnindex. Das bedeutet: Nicht nur Materialkosten, sondern auch Lohnsteigerungen im Baugewerbe werden berücksichtigt, weil bei Reparaturen oft Arbeitskosten anfallen. Für Sie als Eigentümer zeigt sich das darin, dass sowohl die Versicherungssumme als auch der Jahresbeitrag in der Regel jährlich etwas steigen, wenn die Baupreise steigen – dies ist ein normales Ergebnis der gleitenden Neuwertklausel.
Zusammengefasst: Der gleitende Neuwert sorgt dafür, dass Ihre Police immer den aktuellen Wiederaufbauwert abdeckt. Ihr Haus ist also heute und in Zukunft richtig versichert, ohne dass Sie jedes Jahr selbst aktiv werden müssen. Die Grundlage dafür ist der offizielle Baupreisindex.
Wo findet man die relevanten Werte? (Versicherungsschein & Baupreisindex)
Wenn Sie als Eigentümer die Versicherungssumme überprüfen möchten, benötigen Sie zwei Zahlen: den Wert 1914 Ihres Gebäudes und den aktuellen Baupreisindex.
- Wert 1914 im Versicherungsschein: Suchen Sie in Ihren Versicherungsunterlagen (Police oder Vertrag) nach Angaben wie „Versicherungswert 1914“, „Wert 1914“ oder „Gebäudeversicherungswert 1914“. Meist ist dort ein Betrag in Mark angegeben (z. B. 15.000 M oder 15.000 Goldmark). Dieser Wert steht oft auf dem Versicherungsschein, da er für Berechnung der Prämie und der Versicherungssumme genutzt wird. In WEGs verwaltet oft der Verwalter die Police – fragen Sie im Zweifel dort nach dem aktuellen Wert 1914 des Gebäudes.
- Aktueller Baupreisindex: Den Baupreisindex veröffentlicht das Statistische Bundesamt jedes Jahr neu. Viele Versicherer orientieren sich daran. Den Index können Sie z. B. auf der Webseite des Statistischen Bundesamt finden oder in Tabellen, die Versicherungen bereitstellen. Für Wohngebäude lag der Index in den letzten Jahren etwa so: 2021 = 1568,3; 2022 = 1668,2; 2023 = 1961,4; 2024 = 2134,5; 2025 = 2192,4. (Man erkennt daran gut den sprunghaften Anstieg der Baukosten in den Jahren 2022/2023.) Aktuell (Stand 2025) beträgt der Index rund 2192 Punkte. Sie können diese Zahl auch direkt bei Ihrem Versicherer erfragen – in der Regel nutzen alle eine vergleichbare Indexzahl. Achten Sie darauf, den richtigen Index für das Jahr zu nehmen, in dem Sie die Überprüfung vornehmen.
5. Versicherungssumme selbst prüfen in fünf Schritten
- Versicherungsunterlagen prüfen: Nehmen Sie Ihre Versicherungspolice zur Hand. Notieren Sie den Wert 1914 Ihres Gebäudes (zu finden auf dem Versicherungsschein, z. B. Wert 1914 = 20.000 Mark). Sollte dieser nicht auffindbar sein, fragen Sie bei Ihrer Hausverwaltung oder direkt beim Versicherer nach. (In Ausnahmefällen, z. B. bei neueren Tarifen mit Quadratmetermodell, gibt es keinen Wert 1914 – dann siehe Hinweis unten.)
- Aktuellen Baupreisindex ermitteln: Recherchieren Sie den Baupreisindex des aktuellen Jahres. Wie oben erwähnt, liegt dieser Wert beim Statistischen Bundesamt bereit (für 2025 z. B. 2192,4 Punkte). Alternativ kann Ihnen Ihre Versicherung den Index nennen. Stellen Sie sicher, dass Sie den Index nehmen, der für die Berechnung der Versicherungssummen gültig ist (meist der Index des laufenden Jahres oder des Vorjahres – im Zweifel den aktuellsten Wert verwenden).
- Neubauwert ausrechnen: Berechnen Sie den aktuellen Neubauwert Ihres Gebäudes mit der Formel Wert 1914 × Index ÷ 100. Nutzen Sie Ihren Wert 1914 und den Index aus Schritt 2. Beispiel: Wert 1914 = 20.000 Mark; Index = 2192,4 → Neubauwert = 20.000 × 2192,4 / 100 = 438.480 € (also rund 0,44 Mio. €). Dies wäre die Versicherungssumme, die Ihr Gebäude aktuell mindestens haben sollte.
- Ergebnis prüfen: Vergleichen Sie den errechneten Neubauwert mit der Versicherungssumme, die Ihre Police tatsächlich abdeckt. Oft wird in den Unterlagen die aktuelle Deckungssumme in Euro genannt – z. B. in einem jährlichen Nachtrag. Deckt die Versicherung diese Summe ab? Falls Ihre Police gleitenden Neuwert enthält, sollte die versicherte Summe eigentlich nahe an Ihrem berechneten Wert liegen (ggf. einige Abweichungen durch Rundungen oder unterschiedliche Stichtage sind normal). Fragen Sie sich außerdem, ob der Betrag realistisch erscheint: Könnte man davon das gesamte Gebäude heute neu bauen? Eine Plausibilitätskontrolle bietet z. B. ein Blick auf die versicherten Kosten pro Quadratmeter. Teilen Sie den Neubauwert durch die gesamte Wohn-/Nutzfläche des Gebäudes. Liegt der Wert pro m² z. B. deutlich unter 1.000 € pro m², ist das sehr wenig – aktuelle Baukosten für ein normales Wohnhaus liegen oft eher bei 1.300 bis 2.300 € pro m² (je nach Region und Standard). Ist der Wert pro m² hingegen extrem hoch (z. B. über 4.000 €), könnte die Versicherungssumme überhöht sein. Diese grobe Rechnung gibt Ihnen ein Gefühl, ob Ihre ermittelte Summe realistisch ist.
- Handeln, wenn nötig: Weicht der berechnete Wert deutlich von der Versicherungssumme ab oder haben Sie Zweifel an der Angemessenheit, sollten Sie aktiv werden. Bei Unterversicherung (Summe viel zu niedrig) drohen im Ernstfall finanzielle Lücken – hier besteht dringender Handlungsbedarf. Aber auch eine Übersicherung (Summe deutlich zu hoch) ist unnötig teuer, da Sie vermutlich zu viel Prämie zahlen. Im nächsten Abschnitt lesen Sie, wie Sie eine Anpassung oder Neubewertung anstoßen können.
Hinweis: Manche neuere Wohngebäude-Tarife verzichten auf die Wert-1914-Berechnung und arbeiten z. B. mit einem Wohnflächentarif (Versicherungssumme pauschal über die Wohnfläche ermittelt). In diesen Fällen haben Sie eventuell keinen Wert 1914 im Vertrag. Die Überprüfung läuft dann etwas anders: Hier sollten Sie vor allem sicherstellen, dass die angegebene Wohn-/Nutzfläche korrekt ist und alle Ausstattungsmerkmale Ihres Gebäudes vollständig erfasst wurden. Wenn z. B. zwischenzeitlich Dachgeschossräume ausgebaut wurden oder Anbauten hinzugekommen sind, muss die Fläche unbedingt der Versicherung gemeldet werden. Nur so ist die pauschale Deckungssumme ausreichend. Bei Unklarheiten sollten Sie eine konkrete Wertermittlung (über den Versicherer oder einen Sachverständigen) veranlassen.
6. Typische Fehlerquellen bei zu hoher oder zu niedriger Versicherungssumme
Die Praxis zeigt einige häufige Fehler, durch die WEGs oder Hausbesitzer in eine falsche Versicherungssumme geraten. Hier die wichtigsten Stolperfallen:
- Veraltete Summen aus Vorverträgen übernehmen: Ein Klassiker ist, bei Versicherungswechsel einfach die Versicherungssumme des alten Vertrags zu übernehmen, ohne zu prüfen, wann diese zuletzt aktualisiert wurde. Fehler Nummer 1: Einen möglicherweise veralteten Wert ungeprüft weiterführen. Fragen Sie immer nach, wann und wie die letzte Wertermittlung stattfand. Ist sie schon viele Jahre (z. B. >5 Jahre) her, sollten Sie den Wert neu berechnen lassen. Gerade beim Eigentümerwechsel (z. B. wenn Ihre WEG ein neues Gebäude versichert oder Sie eine bestehende Police „erben“) lohnt sich eine frische Überprüfung, um Altfehler zu vermeiden.
- Nicht-Mitteilung von Wertsteigerungen: Wurde das Gebäude nach Versicherungsabschluss baulich verändert oder aufgewertet (Ausbau des Dachbodens, Anbau von Balkonen, Einbau eines Fahrstuhls, neue hochwertige Ausstattung wie Marmor oder eine Photovoltaikanlage auf dem Dach etc.), steigt der Neubauwert des Hauses natürlich an. Solche wertsteigernden Maßnahmen müssen der Versicherung gemeldet werden! Nur dann kann die Versicherungssumme entsprechend angepasst werden. Versäumen Sie dies, bleibt die Summe auf altem Stand und das Objekt ist unterversichert. Beispiel: Durch einen Wintergarten-Anbau oder eine neue Garage erhöht sich der Wert – teilen Sie solche Änderungen unverzüglich Ihrer Hausverwaltung oder direkt dem Versicherer mit, damit die Police angepasst wird.
- Flächen- oder Ausstattungsfehler bei Pauschaltarifen: Wie oben erwähnt, setzen manche Versicherer auf Wohnflächen-Modelle. Hier kann eine falsch angegebene Quadratmeterzahl zu einer falschen Deckungssumme führen. Ein häufiger Fall: Die ursprünglich gemeldete Wohnfläche ist geringer als die tatsächliche (etwa weil nachträglich Dachgeschoss ausgebaut oder ein Keller wohnlich gemacht wurde). Ebenso kann es Probleme geben, wenn unterschiedliche Berechnungsmethoden (Wohnflächenverordnung vs. tatsächliche Nutzfläche) durcheinandergeraten. Achten Sie daher penibel darauf, dass die der Versicherung gemeldeten Flächen und Ausstattungen stimmen.
- Marktwert mit Versicherungswert verwechseln: Viele Immobilienbesitzer orientieren sich am Kaufpreis oder aktuellen Marktwert ihres Objekts und denken, dies sei auch der Wert, den es zu versichern gilt. Das ist jedoch ein Irrtum. Entscheidend ist, wie oben erläutert, der Neubauwert. Dieser kann höher oder niedriger als der Marktwert sein. Beispielsweise kosten besondere Ausstattungen (z. B. aufwändige Stuckaturen oder spezielle Haustechnik) viel Geld beim Bau und müssen versichert sein, erhöhen aber den Verkaufswert einer Wohnung vielleicht nur bedingt. Oder umgekehrt: Ein altmodisch einfach ausgestattetes Haus in Top-Lage mag einen hohen Verkaufspreis erzielen, wäre aber in der (günstigeren) Ausstattung von damals deutlich billiger wieder aufzubauen. Versichern Sie also nie „nur“ den Kaufpreis oder Darlehensbetrag, sondern immer den realen Wiederherstellungswert. Die Versicherung ermittelt diesen bei Vertragsabschluss – halten Sie alle nötigen Bau- und Ausstattungsdaten bereit, damit der Wert 1914 korrekt berechnet wird.
- Überversicherung aus Sicherheitsbedürfnis: Manche Eigentümer setzen die Summe lieber etwas zu hoch an „um auf Nummer sicher zu gehen“. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden – lieber etwas Puffer als zu wenig. Allerdings sollten Sie wissen, dass eine Überversicherung keinen finanziellen Vorteil bringt: Im Schadensfall zahlt der Versicherer maximal die tatsächlich angefallenen Wiederherstellungskosten. Liegt Ihre Versicherungssumme also z. B. 30 % über dem tatsächlichen Neubauwert, haben Sie jahrelang entsprechend höhere Prämien gezahlt, bekommen aber im Schadenfall kein „Plus“ heraus. Ihr Gebäude war zwar die ganze Zeit ausreichend versichert, aber eben unnötig teuer. Die Versicherung darf übrigens eine eindeutige Übersicherung (falls z. B. irrtümlich viel zu hoch angegeben) auch nicht als Anlass nehmen, mehr als den Schaden zu ersetzen – bereichern kann man sich dadurch nicht. Im Zweifel lohnt es sich also, die Summe eher präzise und realistisch zu halten.
- Unterversicherung durch Sparzwang: Der umgekehrte Fehler ist deutlich gefährlicher: Aus Prämiengründen oder Unwissenheit wird der Wert zu niedrig angesetzt. Hier droht im Ernstfall eine anteilige Kürzung der Entschädigung. Beträgt die Versicherungssumme z. B. nur 70 % des tatsächlichen Werts, zahlt der Versicherer im Teilschaden auch nur 70 % der Kosten – den Rest muss die Gemeinschaft selbst tragen. Diese Quotelung kann finanzielle Existenzen bedrohen. Zwar bieten viele Versicherer heutzutage einen Unterversicherungsverzicht an (dazu gleich mehr), dennoch sollte man gar nicht erst in eine solche Lage kommen. Versichern Sie im Zweifel lieber etwas zu hoch als zu niedrig, denn eine Unterversicherung birgt erhebliche Risiken.
7. Wann sollte man unbedingt eine Anpassung der Versicherungssumme vornehmen?
Regelmäßige Überprüfung: Als Faustregel gilt, dass Sie die Versicherungssumme in regelmäßigen Abständen überprüfen lassen sollten. Besonders nach Phasen stark steigender Baupreise (wie in den Jahren 2021–2023) lohnt ein kritischer Blick, ob die Police noch mithält. Die gute Nachricht: Haben Sie eine gleitende Neuwertversicherung, geschieht die Anpassung grundsätzlich automatisch jedes Jahr. Dennoch sollten Sie prüfen, ob die Basis noch stimmt – sprich, ob der ursprünglich ermittelte Wert 1914 korrekt war. Denn der Indexausgleich nützt wenig, wenn Sie von einem falschen Startwert aus rechnen.
Anlässe für eine Neubewertung: Spätestens bei folgenden Situationen sollten Sie eine Neubewertung des Gebäudes veranlassen oder die Versicherungssumme anpassen lassen:
- Bau oder größere Umbauten/Renovierungen: Nach einem Dachausbau, Anbau oder einer Sanierung mit Wertsteigerung (z. B. alle Fenster erneuert, hochwertige Dämmung, neues Heizungssystem) sollte die Versicherungssumme neu berechnet werden. Melden Sie solche Maßnahmen umgehend Ihrem Versicherer, der dann den Wert anpasst. Oft reicht es, die neuen Merkmale anzugeben; bei größeren Objekten kann ein Gutachter oder ein Bewertungsprogramm (z. B. das Wert14-Tool) zum Einsatz kommen.
- Eigentümer- oder Versicherungswechsel: Wenn Ihre WEG die Versicherung wechselt oder ein neuer Verwalter übernommen hat, nehmen Sie dies als Gelegenheit, die Summe neu zu prüfen. Übernehmen Sie nicht blind alte Angaben (siehe Fehlerquellen). Erfragen Sie, auf welcher Grundlage die bisherige Summe ermittelt wurde und wann zuletzt eine Aktualisierung stattfand. Gegebenenfalls sollte vor Vertragsabschluss eine neue Berechnung erfolgen – Versicherer bieten dazu Fragebögen an oder lassen einen Experten kommen.
- Starke Preisänderungen am Bau: In außergewöhnlichen Zeiten (z. B. plötzliche extreme Steigerungen bei Baumaterialien) kann es sein, dass der allgemeine Baupreisindex nicht jeden Sonderfall abdeckt. Wenn Ihre Region z. B. deutlich teurer geworden ist zu bauen als der Bundesdurchschnitt, könnte Ihr Gebäude trotz Indexanpassung unterversichert sein. Um auf Nummer sicher zu gehen, prüfen Sie in solchen Fällen die Summe genauer oder vereinbaren Sie zusätzliche Sicherheit im Vertrag (siehe Unterversicherungsverzicht).
8. Fazit
Die korrekte Versicherungssumme ist der Dreh- und Angelpunkt jeder Wohngebäudeversicherung. Nur wenn sie realistisch und aktuell ist, bietet die Police im Ernstfall den Schutz, den Eigentümer erwarten – sei es als Privatperson oder als Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft.
Mit etwas Hintergrundwissen über den Versicherungswert 1914, den gleitenden Neuwert und den Baupreisindex lässt sich die eigene Absicherung grob selbst überprüfen. Dabei geht es nicht darum, auf den Cent genau zu rechnen – sondern um das richtige Gefühl für Größenordnungen, realistische Werte und kritische Abweichungen.
Wird eine Unter- oder Überversicherung erkannt, gilt: lieber rechtzeitig reagieren als im Schadenfall zu spät handeln. Eine regelmäßige Überprüfung, zum Beispiel alle fünf Jahre oder nach größeren baulichen Veränderungen, ist nicht nur sinnvoll, sondern gehört zur verantwortungsvollen Eigentumsverwaltung dazu.
Sie sind sich unsicher, ob Ihre Versicherungssumme noch zum aktuellen Neubauwert passt?
Gerne unterstützen wir Sie dabei, Ihren Vertrag zu überprüfen, eine sachgerechte Wertermittlung anzustoßen oder eine individuelle Anpassung mit Ihrer Versicherung abzustimmen.
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