Verkehrssicherungspflicht: Was Eigentümer und WEGs wissen müssen

Die Verkehrssicherungspflicht umfasst rechtliche Anforderungen, die Eigentümer oder Besitzer von Grundstücken und Gebäuden verpflichten, potenzielle Gefahrenquellen auf ihrem Gelände regelmäßig zu überprüfen, zu beseitigen oder zumindest deutlich sichtbar kenntlich zu machen. Diese Pflicht ist darauf ausgerichtet, Personen, die das Grundstück betreten oder passieren, vor Schäden und Unfällen zu schützen und gleichzeitig das Haftungsrisiko der Verantwortlichen zu minimieren.

Die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht ist nicht nur eine Frage des verantwortungsvollen Umgangs mit eigenem Eigentum, sondern auch gesetzlich verankert und für Eigentümer sowie verantwortliche Personen verbindlich.

Autor: Dennis Rudowski - 27.07.2025

1. Rechtliche Anforderungen und gesetzliche Regelung

Zu den zentralen rechtlichen Anforderungen für Eigentümer, Mieter oder Pächter gehört es, potenzielle Gefahrenquellen auf dem genutzten oder verwalteten Grundstück zu beseitigen oder zumindest eindeutig und gut sichtbar kenntlich zu machen. Diese Pflicht ist gesetzlich nicht umfassend in einem einzelnen Paragraphen geregelt, sondern ergibt sich aus verschiedenen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere aus:

  • § 823 Abs. 1 BGB: Dieser Grundsatzparagraph zur unerlaubten Handlung verpflichtet denjenigen zum Schadensersatz, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt.
  • § 836 BGB: Regelt die Haftung des Grundstückseigentümers für Schäden, die infolge mangelnder Unterhaltung von Gebäuden oder anderen Bauwerken entstehen. Der Eigentümer haftet insbesondere, wenn er die zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat.
  • § 838 BGB: Bezieht sich auf die Haftung des Besitzers eines Grundstücks, wenn der Eigentümer seine Verkehrssicherungspflichten auf ihn übertragen hat. In diesem Fall haftet der Besitzer in gleichem Umfang.

Die Verkehrssicherungspflicht stellt somit eine aus der allgemeinen Pflicht zur Gefahrenabwehr abgeleitete Schutzpflicht dar. Ziel ist es, Gefahren für Leib, Leben oder Eigentum Dritter durch vorausschauende, objektiv zumutbare Maßnahmen zu verhindern. Dies umfasst sowohl die bauliche Sicherheit von Wegen, Gebäuden oder Einrichtungen als auch die laufende Überprüfung und Instandhaltung dieser Bereiche.

2. Wer unterliegt der Verkehrssicherungspflicht?

Die Verkehrssicherungspflicht betrifft alle Personen und Einrichtungen, die eine tatsächliche oder rechtliche Kontrolle über ein Grundstück, ein Gebäude oder eine bauliche Anlage ausüben. Dazu gehören in erster Linie Eigentümer, aber auch Besitzer, Mieter, Pächter, Verwalter oder Unternehmen, sofern sie für Nutzung, Betrieb oder Instandhaltung verantwortlich sind. Maßgeblich ist, wer die Möglichkeit hat, Gefahren zu erkennen und Maßnahmen zu ihrer Beseitigung zu ergreifen.

In Mietverhältnissen lassen sich bestimmte Sicherungspflichten vertraglich auf den Mieter übertragen, beispielsweise die Schneeräumpflicht. Die übergeordnete Verantwortung verbleibt jedoch beim Eigentümer oder Vermieter. Dieser muss kontrollieren, ob die übertragenen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt werden. Im Schadensfall kann auch derjenige haftbar gemacht werden, der seiner Überwachungspflicht nicht ausreichend nachgekommen ist.

Die Verkehrssicherungspflicht gilt damit nicht nur für Privatpersonen. Auch Unternehmen, Hausverwaltungen, Wohnungseigentümergemeinschaften und öffentliche Einrichtungen sind betroffen, sofern sie Einfluss auf den sicheren Zustand von Grundstücken oder Anlagen haben.

3. Beispiele für typische Verkehrssicherungspflichten

Häufige Fälle, in denen die Verkehrssicherungspflicht greift, sind:

  • Schneeräumung und Streupflicht bei Glatteis
  • Sicherung von Baustellen durch Absperrungen
  • Wartung und regelmäßige Kontrolle von Spielgeräten
  • Sicherstellung der Beleuchtung von Gehwegen
  • Kennzeichnung von Stolperstellen oder gefährlichen Bereichen (z.B. Teiche, Treppen)

Das klassische Beispiel ist der Hinweis "Privatweg – Betreten auf eigene Gefahr", der jedoch allein nicht von allen Haftungsansprüchen befreit.

4. Haftungsfolgen bei Pflichtverletzung

Wird die Verkehrssicherungspflicht verletzt, haftet der Verantwortliche für alle daraus entstehenden Personen- oder Sachschäden. Grundlage dieser Haftung ist insbesondere § 823 Abs. 1 BGB, wonach derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, die Gesundheit oder das Eigentum eines anderen verletzt, zum Schadensersatz verpflichtet ist. Im Zusammenhang mit der Verkehrssicherungspflicht bedeutet dies, dass eine unterlassene Sicherungspflicht als Fahrlässigkeit gewertet werden kann.

Die konkreten rechtlichen Folgen können unter anderem folgende sein:

  • Schadensersatzforderungen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands oder zur Abdeckung entstandener Kosten
  • Schmerzensgeldansprüche bei Verletzungen von Personen
  • Gerichtsverfahren zivilrechtlicher oder unter Umständen auch strafrechtlicher Natur
  • Bußgelder oder strafrechtliche Konsequenzen, insbesondere bei grober Fahrlässigkeit oder Verletzung von Verkehrspflichten mit Personenschaden

Zu beachten ist dabei, dass die Haftung nicht zwingend einseitig sein muss. Gemäß § 254 BGB kann ein Mitverschulden des Geschädigten zur Reduzierung oder zum Ausschluss des Anspruchs führen. Dies ist etwa der Fall, wenn eine offensichtliche Gefahrenstelle erkennbar war, aber dennoch betreten wurde.

5. Maßnahmen zur Risikominimierung

Um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, sollten Eigentümer regelmäßig:

  • Kontrollgänge zur Identifikation möglicher Gefahrenquellen auf dem Grundstück durchführen
  • Festgestellte Gefahrenstellen, sofern möglich, umgehend beseitigen oder provisorisch absichern und deutlich kenntlich machen
  • Durchgeführte Maßnahmen sorgfältig dokumentieren, um im Schadensfall Nachweise erbringen zu können
  • Geeignete Versicherungen, insbesondere eine private oder gewerbliche Haftpflichtversicherung, abschließen, um potenzielle Haftungsrisiken abzufedern

Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, qualifizierte Fachbetriebe oder Hausmeisterdienste mit der regelmäßigen Kontrolle und Durchführung notwendiger Sicherungs- und Instandhaltungsarbeiten zu beauftragen. Solche Beauftragungen sollten vertraglich klar geregelt und dokumentiert sein, einschließlich Aufgabenbeschreibung, Frequenz der Kontrollen sowie Verantwortlichkeiten. Eine fachgerechte Ausführung und regelmäßige Überprüfung der erbrachten Leistungen tragen wesentlich zur Reduzierung des Haftungsrisikos bei.

6. Fazit

Die Verkehrssicherungspflicht stellt ein zentrales Element der Gefahrenabwehr im zivilrechtlichen Kontext dar. Sie dient dem Schutz der Allgemeinheit vor vermeidbaren Risiken und verpflichtet Eigentümer sowie andere Verkehrssicherungspflichtige dazu, ihre Grundstücke, Gebäude und Anlagen in einem verkehrssicheren Zustand zu halten. Ziel ist es, Gefährdungen für Dritte, insbesondere für Besucher, Passanten oder Anwohner, frühzeitig zu erkennen und durch angemessene Sicherungsmaßnahmen zu beseitigen.

Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, sollten Eigentümer präventiv handeln, indem sie regelmäßige Begehungen des Grundstücks vornehmen, mögliche Risiken dokumentieren und zeitnah geeignete Schutzvorkehrungen umsetzen. Dies umfasst sowohl bauliche Instandhaltungen als auch organisatorische Maßnahmen wie Absperrungen, Beschilderungen oder Beauftragungen von Fachunternehmen. Eine strukturierte Dokumentation sowie der Abschluss geeigneter Haftpflichtversicherungen tragen zur rechtlichen Absicherung bei. Letztlich stärkt die gewissenhafte Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht nicht nur die Sicherheit für Dritte, sondern mindert zugleich das eigene zivilrechtliche und gegebenenfalls strafrechtliche Haftungsrisiko.

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